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Akute Stressbewältigung: Wie du trotz Stress entspannt bleibst

Stress gehört zu unserer Zeit wie das Smartphone, Fast Food oder volle Terminkalender. Deshalb lohnt es sich, zu lernen, bestmöglich damit umzugehen. Wie akute Stressbewältigung funktioniert, wo Fallstricke lauern und was zu einem entspannten Leben dazu gehört, wollte Wainando von Stresstrainer Stefan Geisse wissen.

Stefan Geisse
Stefan Geisse

Wainando: Viele Menschen, die einen stressigen Tag hinter sich haben, legen sich sofort aufs Sofa, wenn sie nach Hause kommen, oder schalten den Fernseher an. Eine gute Idee?

Stefan Geisse: Natürlich wäre eine aktive Stressbewältigung zu empfehlen: Spazieren gehen, Entspannungsübungen machen oder bewusst atmen zum Beispiel. Aber ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, sich nach einem langen Arbeitstag zu motivieren, etwas für einen entspannten Körper und einen ruhigen Geist zu tun. Gerade wer dauerhaftem Stress ausgesetzt ist, wird von der Erschöpfung förmlich übermannt.

Wainando: Was dann?

Stefan Geisse: Da helfen realistische Ziele, die nicht überfordern, denn davon hat man im Alltag schon genug. Ein Zettel am Kühlschrank mit „Ich freue mich, noch 10 Minuten an die frische Luft zu gehen“ oder „Ich achte auf meine Bedürfnisse“ kann schon ein Anfang sein.

Wainando: Es gibt viele Methoden zur Stressbewältigung wie zum Beispiel Autogenes Training, Atemübungen, Ausdauersport, Affirmationen, Zeitmanagement, Musik, Gartenarbeit und viele weitere. Was hilft am besten gegen Stress?

Stefan Geisse: Wie die Stressbelastung erlebt wird, ist ganz individuell, genauso wie die Konstitution, die Lebenssituation und die persönliche Stressbewältigungsstrategie. Ich habe sehr gute Erfahrungen mit Ayurveda gesammelt, einer Methode, die den Menschen, seine naturgegebene Konstitution und seine persönlichen Stressreaktionen sehr detailliert betrachtet.

Wainando: Wie kann eine Stressbewältigungsstrategie, die auf einen ganz  bestimmten Typ zugeschnitten ist, denn aussehen?

Stefan Geisse: Es gibt kein Allerweltsmittel gegen Stress, wie man oft liest. Ein feuriger Managertyp, der leicht über das Ziel hinausschießt, benötigt gezielten Abbau seiner aufgestauten Aggressionen und einen Zugang zu seinem Herzen – mehr Mitgefühl und Selbstliebe. Würde ich mit ihm ausschließlich Meditation üben, würde er vor lauter Unruhe durchdrehen. Ein luftiger Mensch mit vielen Ideen und viel Kreativität, aber auch einem leicht zerstreuten Geist benötigt vor allem Ruhe, Erdung und einen strukturierten Tagesablauf. Schwermütige und zur Anhaftung tendierende Menschen brauchen dagegen Schwung, Wachheit und eine angeregte Verdauung.stefan-geisse-auszeit-im-kloster-meditation

Wainando: Wer im Büro gestresst ist, hat oft nicht viel Zeit, um gegenzusteuern. Gibt es kurze, unauffällige Übungen, die Betroffene während einer Kaffeepause machen können?

Stefan Geisse: Der Atem ist der Schlüssel zur Stressbewältigung: Tiefe, achtsame und feine Bauchatmung für 2 – 3 Minuten beruhigt den Geist und schafft wieder Klarheit. Eine aufrechte Sitzposition, lockere Schultern, ein entspannter Nacken und guter Kontakt der Füße mit dem Boden (am besten ohne Schuhe) sorgen für Erdung und geistige Aufrichtung. Bringen Sie Ihren Daumen ca. 30 Zentimeter vor Ihr Gesicht, fixieren Sie den Fingernagel, blicken Sie dann am Daumen vorbei und dann wieder auf den Nagel – so entspannen Sie von der Computerarbeit gestresste Augen.

Wainando: Haben Sie sonst noch einen Tipp?

Stefan Geisse: Die Kaffeepause am besten zur Teepause machen, dazu viel warmes Wasser trinken, Fenster öffnen oder ein paar Minuten an die frische Luft gehen. Es braucht nicht viel, oft scheitert es aber an der Konsequenz: Lieber immer wieder kurze Pausen machen als einmal in der Woche ins Fitnessstudio.

Wainando: Nach einer anstrengenden Woche ist ein erholsames Wochenende umso wichtiger. Wie sieht das perfekte Anti-Stress-Wochenende aus?

Stefan Geisse: Das perfekte Wochenende befriedigt meine körperlichen, mentalen und seelischen Bedürfnisse. Das Problem: Je gestresster wir sind, desto weniger fühlen wir uns. Das nennt man „allostatische Last“: Bei chronischer Stressbelastung gewöhnen sich Körper und Geist an den Stress. Die Folge: Auch in der Freizeit fallen wir in unsere Stressmuster. So meint der gestresste Manager, sich auch in seiner Freizeit vollständig auspowern zu müssen, er kennt es ja nicht anders. Doch damit schwächt er die bereits strapazierten Ressourcen noch mehr. Statt intensivem Sport, viel Aktion und viel Reisen ist Ruhe, Besinnung, Muse und Rückzug manchmal die bessere Wahl.

Zum Weiterlesen: Wer Samstag und Sonntag besonders tief entspannen möchte, könnte ein Yoga-Wochenende oder ein Meditationswochenende ausprobieren.

Wainando: Auch ein Stresstrainer erlebt hektische Zeiten. Was tun Sie selbst, wenn Sie gestresst sind?

Stefan Geisse: Ich muss mein Verhalten tatsächlich immer wieder selbstkritisch hinterfragen. Schnell falle ich in alte Stressmuster aus meiner Manager-Tätigkeit zurück: Hier noch schnell eine Kundenanfrage beantwortet, da noch ein Seminar organisiert … Ich übe mich dann in achtsamer Beobachtung, einer Vorstufe meiner täglichen Meditationspraxis: Körperempfindungen registrieren, Atemfluss und -qualität beobachten, Gedanken und Gefühle wahrnehmen. Je eher mir das gelingt, desto schneller kann ich sich anbahnende Stressreaktionen durchbrechen. Und spüren, was mir gut tut: Spontane Pausen einlegen, eine Tasse beruhigenden Tee trinken, Atemübungen während der Autofahrt machen und in Kontakt mit der Natur gehen. Aber auch spirituelle Praktiken beruhigen meinen Geist wie die  stille Rezitation von Mantras und Sankalpas (individuelle Affirmationen), das Lesen philosophischer Texte und natürlich meditative Versenkung. Das alles braucht nicht viel Zeit – man kann es immer wieder in seinen Tagesablauf einbauen.

Wainando: Die Stressbewältigung gelingt auch mit effektiven Methoden nicht immer. Was sind die häufigsten Fehler beim Entspannen?

Stefan Geisse: Unbedingt Stress abbauen zu wollen und sich dabei zu verkrampfen. Unsere Gesellschaft ist geprägt davon, funktionieren zu müssen. Viele Kunden kommen zu mir, weil sie sich nach eigener Aussage „entspannen müssen“. Doch sind Stressreaktionen, die mit einer Anspannung des Sympathikus einhergehen, eine natürliche Reaktion, die uns immer wieder zeigt, dass wir überfordert sind und die momentane Situation unsere Ressourcen übersteigt. Daher geht es bei aktiver Entspannung meines Erachtens auch immer darum, eine Situation anzunehmen. Ich darf gestresst und überfordert sein. Und ich darf auch aktiv Ruhe und Entspannung suchen. Aber nicht auf Knopfdruck, nur damit ich noch leistungsfähiger werde, um gleich am Montag wieder voll durchstarten zu können.

Wainando: Um akuten Stresssituationen vorzubeugen, hilft es, langfristig gegenzusteuern. Wie sollte man seinen Lebensstil verändern, um dauerhaft entspannter zu sein?

Stefan Geisse: Das effektivste und für viele das schwierigste Mittel ist eine typgerechte Ernährung und ein entsprechender Lebensstil. Ich bin immer wieder erstaunt, wie unbewusst sich viele Menschen ernähren und wie sorglos sie mit ihrem Körper umgehen. Meine Zellen bilden sich aus dem, was ich zu mir nehme. Auch mein Geist wird durch meine Nahrung unmittelbar beeinflusst. Eine fettige, klebrige Pizza und ein wacher, scharfer Verstand? Vollgas geben, obwohl mein Körper ausgezehrt ist? Das funktioniert nicht! Wichtiger ist es, meine Grenzen zu akzeptieren und sich in Dankbarkeit, Demut und Gleichmut zu üben. Alles Eigenschaften, die ich mit Yoga oder anderen asiatischen Wissenslehren üben und nach und nach in mein Leben integrieren kann. Diese Werte zu leben, ist echte Stress-Vorbeugung!

Wainando: Hin und wieder gestresst zu sein, ist ganz normal. Ab wann muss man sich Sorgen machen?

Stefan Geisse: So paradox es klingt: Wenn ich nicht mehr wahrnehme, dass ich gestresst bin. Durch die Erhöhung der allostatischen Last, also der Anpassung an das Stressgeschehen, kommt es zu einer Fehlsteuerung im Körper: Aus gelegentlichem Stress wird chronische Übererregung. Dann stellen sich typische Stresssymptome wie Herzrhythmus- oder Schlafstörungen, chronische Rücken- oder Kopfschmerzen und Entzündungsprozesse ein. Viele Menschen leugnen diese Symptome und entwickeln unzweckmäßige Bewältigungsstrategien. Anstelle selbstkritisch den Signalen des Körpers und Geistes nachzugehen, beginnen sie Ablenkungsmanöver, um sich selbst zu täuschen: Sie stürzen sich in selbstzerstörerisches Verhalten, arbeiten noch mehr oder begeben sich in Abhängigkeiten von Zigaretten, Alkohol, Drogen oder Essen.   

Wainando: Welchen Tipp möchten Sie unseren Lesern noch mit auf den Weg geben?

Stefan Geisse: Meines Erachtens ist einer der wichtigsten Aspekte für ein stressreduziertes und zufriedenes Leben in der westlichen Welt bis heute nicht angekommen: Mitgefühl mit sich selbst und den Mitmenschen. Studienergebnisse zeigen eindeutig, dass Mitgefühl mit deutlich gesteigertem emotionalen Wohlbefinden und erhöhter Widerstandsfähigkeit einhergeht. Wir erleben mehr positive Emotionen, fühlen uns verbundener mit anderen, sind optimistischer, neugieriger und weiser. Während viele Menschen Anerkennung im Außen suchen und damit von einer Stressfalle zur anderen stolpern, ermutigt uns das Mitgefühl, unser Ziel von innen heraus zu verfolgen. Wer Mitgefühl mit sich selbst hat, hat weniger Stress, Angst und Depressionen.

Wainando: Vielen Dank für das Gespräch! Wir freuen uns auf das Anti-Stress-Seminar mit Ihnen im Schwarzwald.

2 Gedanken zu “Akute Stressbewältigung: Wie du trotz Stress entspannt bleibst

    1. Lieber Herr Garbe,

      vielen Dank für den Hinweis, wir haben den Link auf unsere Seminare zum Stressmanagement aktualisiert, da der Termin zu diesem konkreten Seminar bereits vorbei ist. Wir haben aber viele andere spannende Veranstaltungen hierzu.

      Herzliche Grüße
      Ihr Wainando-Team

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